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Faszination Rallye

Ein paar Zeilen von mir zum Thema Rallye


Es wird ja viel über das Reglement diskutiert und eigentlich auch ganz ordentlich gejammert. Ich hab daher mal ein bisschen was zusammengeschrieben, was mir so am Motorsport taugt und wie ich dazu gekommen bin:

Ich bin jetzt 23 Jahre alt, erst drei Jahre lang berufstätig und weiß mit dem bisschen Geld das ich verdiene nichts Besseres anzufangen als es zur Gänze in einen Sport zu investieren bei dem man nichts, aber auch rein gar nichts Finanzielles oder Materielles jemals zurückbekommen wird! Da fragt sich sicher der eine oder andere, wie verrückt man sein muss, um sich das anzutun - ich werde in den folgenden Zeilen versuchen es zu beschreiben.

Ich bin mit meinem Co, dem Wolfi, in die gleiche Klasse der HTL Wolfsberg gegangen und wir waren beide schon immer Auto-Verrückte. Als wir dann mit 18 endlich unseren Führerschein hatten (wir haben ihn so ziemlich gleichzeitig bekommen), haben wir jede freie Minute genützt, es unseren Idolen, den Rallye-Profis, gleichzutun, und sind im Auto gesessen. Ich war mit einem Golf 2, mit gerade einmal 70 PS, und der Wolfi mit einem BMW 320 i mit 114 PS unterwegs. Wir haben dann extrem viel unserer Freizeit mit Autofahren verbracht und unsere Bergstraßen rund ums Lavanttal unsicher gemacht. Vor der Schule, nach der Schule, sogar in der Mittagspause wurden Schotterstraßen aufgesucht und so zügig wie nur irgendwie möglich und vor allem so quer wie möglich befahren. Wir haben teilweise einzelne Kurven so lange geübt, bis sie endlich in einem Zug quer gingen. Das hat uns natürlich nicht immer Sympathien eingebracht, kein Wunder, ich möchte vor meinem Haus auch nicht dreimal am Tag solche Rotzlöffel haben, die glauben sie können sich aufführen wie sie wollen. Wir haben unsere Ausfahrten dann vorwiegend in die Nacht verlegt.
Finanziell war das Ganze auch nicht immer einfach, der Bremsen- und Reifenverschleiß war enorm und auch von Unfällen war speziell ich nicht verschont. Nach einem Abflug in einen Wald konnte mir erst die Investition von 700 EUR wieder zur Mobilität verhelfen, was für einen Schüler eine mittlere Katastrophe ist! Aber auch solche Unfälle konnten meinen Enthusiasmus nicht bremsen.
Mit 20 ging's dann zum Bundesheer, und dort wo andere ihr ganzes bis dahin Erspartes aufbrauchen, haben der Wolfi und ich beschlossen unser Glück einmal bei einer Rallye zu versuchen. Ich habe mir daraufhin ein akzeptables Angebot gesucht und bin auch bald fündig geworden: Thomas Strauß aus Stockerau wollte zu diesem Zeitpunkt seinen Peugeot 106 Rallye verkaufen. Ich überlegte mir die Sache doch recht gut, meinen Eltern gefiel die Idee natürlich ganz und gar nicht. Sie wollten mir die Aktion ausreden, doch war ich durch nichts und niemandem, und schon gar nicht von meinen Eltern davon abzubringen. Schließlich ließ sich mein Vater doch dazu überreden mir 1500 EUR zu leihen und auch mein Co überließ mir für etwa ein halbes Jahr 1000 EUR. Den Rest hatte ich selber auf der Seite.

Der Peugeot hatte 110 PS und wir konnten damit in der kleinsten Klasse, der N1, starten - perfekt für Einsteiger! Etwa ein Jahr nach dem Erwerb des Autos feierten wir unser Debüt bei der Steiermarkrallye 2004. Wir starteten ohne einen blassen Schimmer von dem ganzen organisatorischen Zeug, und ohne jemals eine Zeitkarte gesehen zu haben. Glücklicherweise trafen wir auf Herrn Nothdurfter, der damals in einem Ford Lotus Cortina direkt hinter uns startete, und uns viele Tipps gab und uns die ganzen Abläufe erklärte. Wir waren damals die einzigen Starter in der Klasse N1 und konnten somit gleich einen "Klassensieg" einfahren. Spätestens als wir unsere Pokale in den Händen hatten, waren wir endgültig vom Rallye-Virus infiziert worden.

Die darauf folgenden Rennen hatten für uns alle Höhen und Tiefen die man sich nur vorstellen kann, von tollen Platzierungen angefangen bis zu einem Überschlag bei der Jännerrallye.

Es dauerte nicht lange da waren uns 110 PS schon bei weitem zu wenig! Ich verkaufte den Peugeot und sah mich nach einem stärkeren Modell um. Da meine Cousins das Autohaus Seat Kucher leiten, fiel die Wahl schließlich auf einen drei Jahre alten Seat Ibiza TDi mit 180 PS. Die Fa. Kucher half mir bei der Finanzierung dieses Projekts und unterstützt uns seither in finanzieller Hinsicht und vor allem bei der Wartung. Mit dem Gerät geht jetzt endlich anständig was weiter, wenn ich auch sagen muss, dass mehr Kraft auch jetzt schon wieder nicht verkehrt wäre...

Die Rallye ist für mich die absolute Königsdisziplin des Motorsports. Freilich sind auch die Leute auf der Rundstrecke und in den Formel-Autos zu bewundern, aber meiner Meinung nach kann nur das Rallyefahren als "Autofahren" bezeichnet werden, denn dabei wird High-Tech, verpackt in 1,2 to Stahl über Straßen geprügelt, die normalerweise den Zweck haben, zwei Bauernhöfe auf einer Alm miteinender zu verbinden. Hier gibt es keine Auslaufzonen, die vielen Bodenwellen lassen das Auto oft abheben und man hat oft nur sporadisch Bodenkontakt, das Anbremsen erfolgt in jeder Kurve aufgrund von Steinen, Dreck, Unebenheiten, anders. Es werden extreme Bergab-Passagen gefahren die einem schon beim Besichtigen das Blut in den Adern gefrieren lassen. Gerade solche gefährlichen Stellen, die einem tatsächlich eine gehörige Portion Wahnsinn abverlangen um sie voll zu fahren, bringen einen absolut unbeschreiblichen Adrenalin-Kick!! Wenn man eine brenzlige Situation gerade noch mal meistern konnte, gibt das ein unbeschreiblich geiles Gefühl, die körpereigenen Drogen sind eben mit Sicherheit die Besten!

Der Start einer Sonderprüfung ist ein ganz besonderer Moment für mich. Man sieht seinen Vordermann starten und weiß, jetzt noch eine Minute, dann geht's los. Man rollt zur Startlinie und versucht die herumstehenden Fans gelassen und cool anzuschauen, die Gurte werden noch einmal festgezogen, die Seitenscheibe geschlossen und erst so 10 bis 15 sec vor dem Start steigt die Konzentration schlagartig. Ich versuche zwischen 5 und 7 sec vor dem Start den Motor auf die optimale Drehzahl zu bringen und bei grün lasse ich die Kupplung schnalzen und los geht's.

Ab diesem Zeitpunkt ist es echt schwer zu beschreiben was da in einem vorgeht. Alles abseits der Rallye liegende verliert vollkommen an Bedeutung, man taucht in eine andere Welt und ist voll auf seine Aufgabe konzentriert. Der Copilot liest einem das Gebetsbuch vor, ist teilweise bis zu drei, vier Kurven voraus und man muss dadurch natürlich auch diese drei, vier Kurven voraus denken. Das läuft aber quasi im Hintergrund ab, denn vorwiegend ist man natürlich damit beschäftigt die Eindrücke im unmittelbaren Blickfeld zu verarbeiten und seine Fahrweise, die Linie, usw. an unvorhersehbare Umstände, die es speziell bei einer Rallye zuhauf gibt, anzupassen. Man ist nicht nur fahrdynamisch am Limit sondern man geht vor allem mental und auch physisch an die eigenen Grenzen.
Speziell als Fahrer befindet man sich in einem absoluten Ausnahmezustand, daher fungiert der Co-Pilot manchmal auch als Psychiater. Er bremst einen ein, wenn man's zu hastig angeht und der Abflug nur mehr eine Frage der Zeit ist, oder macht einem Feuer unterm Hintern wenn's mal zu langsam geht. Der Wolfi hat dafür ein gutes Gefühl, er kennt mich allerdings auch schon sehr gut, und merkt genau, ob ich gut oder schlecht drauf bin. Manchmal hab ich ein schlechtes Gefühl beim Fahren, gebe trotzdem krampfhaft Gas und denke mir, das kann der jetzt nicht gemerkt haben, doch spätestens nach der Ziellinie gibt er MIR Gas und fragt, was das jetzt gewesen sein soll! Doch eine Prüfung danach kann die Sache schon wieder ganz anders ausschauen, und wenn ich dann lockerer und entspannter unterwegs bin, hat auch er gleich ein sichereres Gefühl. Dafür muss ein Co seinen Fahrer aber auch wirklich gut kennen, ich verstehe daher nicht ganz, wie manche Fahrer ihre Beifahrer ständig wechseln können.
Rallye ist definitiv ein Teamsport. Beifahrer und Mechaniker stehen immer im Schatten der Fahrer (außer man fliegt ab, dann hat entweder der Co nicht richtig gelesen oder die Mechaniker haben die Räder nicht festgeschraubt!), das sollte aber nicht so sein, denn die haben einen wesentlichen Anteil am Ergebnis.

Leider ist das Ganze für mich heuer nach zwei Abflügen ziemlich teuer geworden, weshalb wir die Saison auch abgebrochen haben und nur mehr bei der Steiermarkrallye starten werden.

Ich hoffe, dass wir nächste Saison wieder voll durchstarten und ein paar gute Resultate einfahren können. Ein Klassensieg wär mal eine tolle Sache, wegen der Kit-Cars aber vermutlich nur im Winter möglich, wir werden sehn...

Günther Jörl

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